Logbucheintrag #3 der Segelyacht Lucia
Boardzeit: Samstag 12.06.2021 16:30 Uhr
Position: Marina Veruda

Dass die Idee, ein elektronisches Logbuch zu führen quatsch war, merkte ich am Mittwoch, als ich den Rechner aufklappte und sah, dass der Akku alle war. Strom auf einer Yacht ist Mangelware und da wir weitgehend auf Häfen verzichteten, wurde es nicht einfacher das Notebook aufzuladen. Im Stadthafen von Mali Losinj konnten wir zwar anlegen aber die Hafeninfrastruktur (Landstrom, Toilette) war nicht nutzbar. Wegen Corona, hatte mir der Typ gesagt, der uns beim Anlegen die Mooringleine hielt. Ein braungebrannter Typ in Badehose, Badelatschen und sonst nichts. Wir hatten die Route dann irgendwann neu geplant.

Thomas: Alle mal herhören! Wenn die Infrastruktur in den Häfen nicht nutzbar ist, können wir uns das teure Anlegen in den Häfen auch sparen und uns lieber ein Mooringbojen Feld suchen. Das ist billiger. Ilovik liegt südlich. Da können wir hin und dann über Susak, Unije wieder zurück nach Pula.

Daniel: Das ist ja ne Katastrophe. Und dann müssen wir alle das kleine Boardklo hier benutzen?
Uli: Bye, bye, Comfort.
Ingo: Müssen wir noch was einkaufen?
Thorsten: Bier. Wir brauchen auf jeden Fall noch Bier! Und Zigaretten!
Thomas: Du rauchst doch gar nicht.
Uli: Wasser wäre nicht schlecht.
Thorsten: Du hast uns das hier eingebrockt! Erzähl du mir nicht, was wir brauchen!
Thomas: Na dann alle noch mal an Land und Kram kaufen! Morgen um 08:00 Uhr geht’s los.

Am nächsten Morgen gegen 11:30 Uhr fuhren wir nach Ilovik. Eigentlich war der Weg nicht weit aber Thomas bestand darauf noch mindesten 12 Manöverkreise zu fahren. Jeder 3 mal, hatte er gesagt. Ich zeig euch das, danach seid ihr dran! So lange bis es sitzt.

Thomas: Neuer Kurs: Halber Wind, wir fallen jetzt ab, also der Wind kommt dann von der Seite. Fiert auf die Schoten! Daniel du lässt die Fock etwas lockerer, Ingo, du die Großschot, damit der Baum etwas rüber kommt.
Daniel, Ingo: ist klar  
Thomas: Kurs liegt an. Hat jeder kapiert was passiert ist? OK, dann fertig machen zum Abfallen! Neuer Kurs: raumer Wind. Da kommt der Wind schräg von hinten. Ihr fiert dabei die Schoten noch ein bisschen mehr auf!
Daniel, Ingo: Ist klar!
Thomas: Raumshot Kurs liegt an Wind.
Daniel: Wieso heißt das „fiert auf die Schoten“? Ich hab doch hier gar keine Schot.
Thomas: Frag nicht so blöd! Der Skipper hat immer Recht! Das heißt eben so.
Ingo. Bei einer Genua gibt es Schoten. Das hier ist ja eine Selbstwendefock.
Daniel: Sag ich doch, das ist quatsch.

Thomas kam nach vorn um mir entnervt zu erklären wie das Ding funktioniert, warum das so heißt und welche Strippe womit verbunden war, als es plötzlich laut wurde. Das Boot schwankte und der Baum krachte mit einem Affenzahn und begleitet von einem ordentlichen Rums zur anderen Seite. Er hatte das Steuer losgelassen und das Boot drehte sich versehentlich mit dem Heck durch den Wind.

Thomas: Scheiße! Patenthalse! Weil ich mich noch von dir ablenken lasse. Darum hat der Skipper immer Recht. Den Baum hätte jemand an die Rübe kriegen können. Das gibt dann im Zweifel mehr als eine Beule. Das ist total gefährlich. Scheiße noch mal!
Uli kam zu mir rüber, setzte sich neben mich, lächelte und flüsterte mir ins Ohr. Der Baum hat immer Recht. Erst danach kommt, was der Skipper sagt.

Und so gehen die Tage ins Land. Manöverkreise, segeln mit grober Richtung zum neuen Schlafplatz, Aufregung beim Anlegen an Mooringbojen, die jeden Tag neue Überraschungen parat hatten, das Beiboot, das Thomas immer Dingi nannte, zu Wasser lassen, den Motor antüdeln, übersetzen an Land zum Essen wobei in das völlig überladene Schlauchboot immer auch ein ordentlicher Schwall Wasser schwappte und uns allen nasse Ärsche verpasste, Quatschen und Schlafen und dann wieder alles von vorne. Wind zwischen 6 und 20 Knoten, Sonne, kein Regen und Delfine als unsere Begleiter im Wasser. Schöner Törn. Schöner Urlaub.

Zusatzeintrag der Segelyacht Lucia
Boardzeit: Samstag 12.06.2021 18:21 Uhr
Position: Marina Veruda

Ich wollte gerade auf Speichern klicken, als es im Hafen gerade hektisch wurde. Eine 50 Fuß lange Beneteau Yacht versuchte hinter uns anzulegen. Ich hörte sekundenlanges strahlen des Bugstrahlruders, drehte mich um und sah, wir die Yacht ungebremst mit dem Heck an den Pier krachte. Die Heckfender federten ein, einer platzte, der verbliebene katapultierte das Boot wieder nach vorne. Die Crew von Pitter-Yachting schrie den Skipper an, der legte wieder den Rückwärtsgang ein und versuchte mit dem Bugstrahlruder das Boot zu stabilisieren anstatt sich auf den Motor zu konzentrieren. Das Boot nahm wieder ordentlich Fahrt auf und krachte erneut mit dem Heck ungebremst an den Pier. Dieses Mal ohne schützende Fender. Ein schlimmes Geräusch, bei dem alle Zuschauer zusammenzuckten und die Hände vor das Gesicht hielten. Großes Hafenkino. Dann sprang einer vom Pier auf das Boot und löste den völlig überforderten Skipper ab. Als sich die Aufregung legte, schaute ich mir das Loch im Rumpf der Beneteau an. Die Kaution war wohl weg, dachte ich. Anlegen im Hafen ist für alle Skipper aufregend, weil viel schief gehen kann und kleinste Berührungen schnell teuer werden können.

Eigentlich haben wir uns auf unserem Törn gar nicht so schlecht angestellt, dachte ich. Eigentlich haben wir vieles sogar ziemlich gut gemacht. Beim Segeln und auch bei Hafenmanövern unter Motor. Und wir haben neue, traumhaft schöne Segelgefilde entdeckt. Ich hatte Thomas zugesagt, im nächsten Jahr wieder für eine Woche bei ihm am Ruder zu stehen.

Logbucheintrag Ende.

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