Tag 16

Wo ist eigentlich die Gitarre hin, dachte ich auf der Strecke zwischen Dalat und Mui Ne. Es war der schönste Streckenabschnitt bisher gewesen, da war ich mir sicher. Die Straßen klein und kurvig und auch landschaftlich hatte das Drumherum ordentlich was her gemacht, wie ich fand. Für diese Gedanken war aber nun keine Zeit, denn zusammen mit der Gitarre musste auch meine Jacke irgendwo rum liegen, ich wusste ja nicht, wann ich den ganzen Gepäckaufbau verloren hatte.  Der Anblick des Mopeds, samt Rucksack, Gitarre und mir sah ohnehin grotesk aus. Eigentlich ist es gar nicht so schlimm, dachte ich, sich von alten Sachen zu trennen, aber die Gitarre war noch nicht so alt und die Jacke auch nicht. Am Horizont tauchte plötzlich wie aus dem Nichts in der Mitte der Straße etwas auf aber ich konnte noch nicht erkennen, was. Die Straße spiegelte sich in der Hitze und beim Näherkommen sah ich, wie jemand eine 180 Grad Wende hinlegte und sich aus dem Staub machte, dann erkannte ich auch meine Gitarre aber da war keine Jacke und ich überlegte, was ich jetzt tun sollte. Die Gitarre, an der mir inzwischen viel lag, wird nach ihrem Abgang bei 85 sicher einen noch schlechteren Klang haben als vorher, also entschied ich mich für den Typen, der nun vor mir flüchtete. Wir lieferten uns ein Rennen über viele Kilometer auf der buckeligen Straße. Der kennt hier jede Kurve, er lebt ja hier, da ist er im Vorteil und ich war in diesem Moment sehr dankbar, dass ich hinter Hanoi meine Handyhalterung verloren hatte. Zum Glück ohne Handy. Damit war ich jetzt leichter und auch noch windschnittiger, denn der linke Spiegel hatte es ja auch nicht bis nach Dalat geschafft. Fehlende Ortskenntnis kann man eigentlich nur durch mehr Risiko ausgleichen und immer schön weiter am Gas bleiben und so wenig wie möglich bremsen, gerade in den Kurven, dachte ich, nur keinen Schwung verlieren, dachte ich und arbeitete mich immer weiter an den Schurken ran. Jetzt nur noch 100m, ein Fehler und dann hab ich dich, so und jetzt ein bissl Stützgas, anbremsen, rum und immer schön weiter am Gas bleiben, und so und so, und während ich mir gerade versuchte vorzustellen, dass wir gleich Faustkämpfe um meine Jacke aufführen würden und während ich mich Meter um Meter weiter an ihn ran arbeitete, gab er plötzlich auf und hielt an. Schöne Jacke hast du da, du kleiner Gauner. Ja, sagte er. Los, zieh die aus, du siehst ja total lächerlich damit aus, willst wohl noch rein wachsen, was? Er hatte wohl schon geahnt, dass es schwierig werden würde und gab sie mir kampflos zurück. Dann sammelte ich den Rest meiner Gitarre ein.

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Ohne Naviapp würde ich noch immer nach dem Ausgang suchen

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Die Spiegel sehen ja besser aus, als ich dachte.

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